Verbreitung der Wildkatze

Historische Verbreitung

Die Wildkatze war bis 1850 in der Osthälfte Österreichs weit verbreitet. Daten und Belegstücke zeugen von autochthonen Populationen und deren schrittweisem Erlöschen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. In Niederösterreich gab es in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts noch spärliche Wildkatzenpopulationen in den Randlagen des Wienerwaldes und des anschließenden Gutensteiner- und Türnitzer-Berglandes und im südlichen Abschnitt der Weinviertler Klippenzone von Waschberg und Bisamberg bis zum Ernstbrunner Wald. Nach letzten Fängen 1902 bei Strasshof an der Nordbahn, in den Wintern 1902/3 am Bisamberg und 1909/10 bei Niederkreuzstetten sowie 1912 im Wassertal südlich von Lilienfeld wurde keines dieser Vorkommen mehr bestätigt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Bis nach dem Zweiten Weltkrieg blieb ein Kärntner und südsteirisches Vorkommen erhalten, das in Verbindung mit der Population in Slowenien stand. Aus dem Wald- und Mühlviertel liegen seit den 70er Jahren mehrere Einzelbeobachtungen vor, so zum Beispiel auch die Sichtung von Dieter Manhart aus dem Jahr 2003. Diese werden jedoch als Einzelgänger eingestuft. Bei einigen davon nimmt man an, dass es sich um Abwanderungen von wiederangesiedelten Tieren im Bayerischen Wald bzw. Böhmerwald handelt.

Die heimliche Rückkehr

Die letzten eindeutigen Nachweise der Wildkatze geben Auskunft über ihre Gefährdung. Am 21. September 1996 wurde eine männliche Wildkatze bei Grafenstein in Kärnten am Rande eines Maisfeldes erlegt. Am 22. Jänner 2006 wurde bei Feistritz an der Gail (ebenfalls Kärnten) eine zwei bis dreijährige Wildkatze von einem Auto überfahren. Diese männliche Wildkatze wird der italienischen Population zugeordnet. Im Spätherbst 2008 verwechselte ein Jäger eine Wildkatze in der Steiermark mit einer Hauskatze. Die Katze fiel dieser Verwechslung zum Opfer.

Allerdings verdichten sich in den letzten Jahren auch die Meldungen über Wildkatzen-Sichtungen. Die Häufung von Einzelnachweisen südlich der Donau und die laufenden Nachweise im Nationalpark Thayatal bestärken die Hoffnung auf die Rückkehr der Wildkatze in Österreich.

Situation der Wildkatze in Europa

In Europa gilt die Wildkatze entsprechend den IUCN-Kategorien für Rote Listen (2001) als nicht gefährdet. Allerdings wird die Hybridisierung mit der Hauskatze als ein wesentlicher Faktor für den Rückgang der Populationen gesehen. In manchen Ländern gibt es sehr große Populationen, die sogar im Wachsen begriffen sind, in anderen Ländern ist die Wildkatze stark gefährdet, ausgestorben oder die Populationen schwinden.
Betrachtet man die Nachbarländer Österreichs so zeigt die Situation in Deutschland ein vergleichsweise erfreuliches Bild. Der Bestand wird auf 1.700 bis 5.000 Tiere geschätzt. Während einzelne Populationen wachsen sind andere Vorkommen zunehmend durch hohe Verkehrsdichten und Landschaftszerschneidung gefährdet. Die Hauptverbreitungsräume liegen in Südwest- und Mitteldeutschland und sind voneinander weitgehend isoliert.
Die Wildkatze kommt auch in Italien, Slowenien, Ungarn und der Slowakei in relativ stabilen Populationen vor. Sie fehlt allerdings im Nachbarland Tschechien. Auch hier gilt sie als ausgestorben. Auswilderungsversuche im Böhmerwald blieben ohne Erfolg. In der Schweiz ist die Wildkatze auf den Jurabogen beschränkt, auch hier werden neuerdings Lockstöcke eingesetzt, um das Wissen über die Verbreitung der Wildkatze zu verbessern.

Beurteilung des Status der Wildkatze

Einen guten Überblick über die Situation der Wildkatze bietet das Säugetierbuch von Friederike Spitzenberger. Zusammenfassend beurteilt Kurt Bauer darin den Status der Wildkatze folgendermaßen:
"In Österreich muss die Wildkatze zur Zeit als seltener Irrgast gelten, der seit dem Wiederauftreten nach Erlöschen der letzten autochthonen Randvorkommen (1997) etwa fünfmal je Zehnerjahresperiode erbeutet oder beobachtet wurde.
Wie ein Vergleich […] zeigt, halten sich die Auftreten der letzten Jahrzehnte weitgehend an jene Landschaften, in denen die Art am längsten überlebt hatte - Klagenfurter Becken und Rand der Grazer Bucht, Thermenlinie, Waldinseln und Felslandschaften im Weinviertel und am Rand des Waldviertler Granitplateaus und Vorland von Böhmerwald und Sauwald."


Aus dem Beitrag zur Roten Liste

Zum selben Schluss kommt auch Friederike Spitzenberger in ihrem Beitrag zur Roten Liste gefährdeter Tiere Österreichs:
"Status Wildkatze, Felis silvestris: Regional ausgestorben oder verschollen (Regionally Extinct). Arten, die in Österreich verschwunden sind. Ihre Populationen sind nachweisbar ausgestorben, ausgerottet, oder verschollen (d. h. es besteht der begründete Verdacht, dass ihre Populationen erloschen sind). Nach den 1950er-Jahren, als der autochthone reproduzierende Bestand in Österreich ausstarb, gab es nur sporadisch und lokal einzelne Meldungen, die sich vermutlich auf aus Nachbarpopulationen zugewanderte Tiere bezogen. Derzeit gibt es keinen Hinweis auf eine ansässige reproduzierende Population in Österreich. Ähnlich wie beim Luchs fehlen wildbiologische Untersuchungen über die Wildkatze in Österreich. Ein auf den Ergebnissen solcher Untersuchungen aufbauendes Artenschutzprogramm wäre angesichts des guten Kenntnisstandes und zufrieden stellender Erhaltungssituation in einigen Nachbarländern Österreichs dringend zu wünschen."
BAUER, K. (2001): Wildkatze Felis silvestris SCHREBER, 1775. - In: Spitzenberger F. (ed.) (2001): Die Säugetierfauna Österreichs. - Grüne Reihe des BMLFUW, 13: 665 - 671, Wien.